Bundesliga

Individuelle Patzer, Platzverweise und Elfmeter - Frankfurt verliert die Stabilität

"Das macht mich verrückt" - Toppmöller hadert mit den einfachen Fehlern

Individuelle Patzer, Platzverweise und Elfmeter - Frankfurt verliert die Stabilität

Frankfurts Niels Nkounkou (re.) erlebte einen schlimmen Tag.

Frankfurts Niels Nkounkou (re.) erlebte einen schlimmen Tag. IMAGO/Jan Huebner

Es war ein kolossaler Blackout, der Niels Nkounkou im Heimspiel gegen Leverkusen beim Spielstand von 1:2 dazu verleitete, den vom Tor weglaufenden Nathan Tella am Trikot zu ziehen. Eine Aktion ohne Sinn und Verstand. Der darauffolgende Elfmeter zum 1:3 entschied die Partie. Es passte ins Bild, dass der eingewechselte Ansgar Knauff mit einem stümperhaften Foul kurz vor Schluss einen weiteren Strafstoß verursachte. Tutas Schlafmützigkeit vor dem 1:2 war ebenfalls ein Ärgernis.

In Darmstadt begann die Patzer-Serie

"Es ist kein Geheimnis, wenn ich sage, dass mich das verrückt macht und uns alle brutal nervt. Aber ich werde jetzt trotzdem nicht über den einen oder anderen Spieler herziehen. Das ist unglücklich, das ist bitter. Wir müssen endlich mal aus diesen Momenten lernen", sagt Trainer Dino Toppmöller. Insbesondere der Elfmeter zum 1:3 sei "total unnötig" gewesen: "Wir kamen gut aus der Halbzeit raus, hatten eine gute Aktivität und tolle Unterstützung von draußen. Da wäre einiges möglich gewesen. Aber die Schlüsselmomente waren gegen uns. Leverkusen hat diese Fehler eiskalt bestraft." Ankreiden lassen muss sich der Trainer, dass er den schon im ersten Durchgang überforderten Nkounkou nicht zur Halbzeit auswechselte.

Unklar ist, weshalb der Mannschaft beinahe im Wochentakt große individuelle Aussetzer unterlaufen. Das fing bereits am 18. Spieltag in Darmstadt (2:2) an, wo die Hessen durch Fehler von Kevin Trapp und insbesondere Tuta ein 2:0 verspielten. Am 20. Spieltag flogen in Köln (0:2) Nkounkou und Tuta vom Platz, Hrvoje Smolcic spielte vor dem zweiten Gegentreffer zudem einen haarsträubenden Fehlpass. In der Conference League brachte Ellyes Skhiri den belgischen Gegner Union Saint-Gilloise beim 2:2 im Hinspiel mit einem katastrophalen Ballverlust im eigenen Sechzehner zurück ins Spiel - der Anfang vom Ende in diesem Wettbewerb. Ein paar Tage später gab es in Freiburg (3:3) ein Elfmeter-Gegentor, weil beim Aufbau im eigenen Strafraum der Ball vertändelt wurde.

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Beim 0:3 in Stuttgart brachte Nkounkou seinen Abwehr-Kollegen Robin Koch vor dem zweiten Gegentor mit einem riskanten Einwurf in Bedrängnis. Statt den Ball wegzuschlagen, verlor der Frankfurter Abwehrboss ihn an Torschütze Deniz Undav. Gegen Augsburg (3:1) entstand das 0:1 durch einen leichtfertigen Ballverlust von Philipp Max, der zuvor allerdings von Willian Pacho nicht gut angespielt wurde. In München fiel das 0:1 nach einem haarsträubenden Pacho-Fehlpass, den Elfmeter zum 1:2 kassierten die Hessen aufgrund einer Eselei von Robin Koch.

Schon acht Gegentore per Elfmeter

Fazit: Wer sich so viele krasse individuelle Aussetzer erlaubt, wird nie eine Erfolgsserie starten können. Die Frage ist bloß: Woran liegt das? In der Hinrunde war die defensive Stabilität das Faustpfand für die gute Punktausbeute (27 Zähler). Dabei war das Programm anspruchsvoll: Bis Weihnachten absolvierten die Hessen 27 Pflichtspiele, mehr als jeder andere Bundesligist. Nach dem Ausscheiden aus dem DFB-Pokal und der Conference League hätte man erwarten können, dass die Fehler angesichts der größeren körperlichen und mentalen Frische weiter minimiert werden. Das Gegenteil ist der Fall.

Frankfurt kassierte in dieser Bundesliga-Saison bereits acht Gegentore per Elfmeter. Das ist ligaweit mit Bochum der Top-Wert und bedeutet zugleich, dass der Vereins-Negativrekord eingestellt wurde. Insgesamt verursachte die SGE sogar schon zehn Strafstöße, das ist zusammen mit Augsburg, Bochum und Heidenheim der Höchstwert. Allein Knauff verschuldete bereits drei Strafstöße. Zum Vergleich: In der kompletten Vorsaison wurden gegen die SGE nur zwei Elfmeter gepfiffen. Selbst bekamen die Hessen übrigens erst zwei Elfmeter zugesprochen (ein Tor), das ist der Liga-Tiefstwert. Ein weiteres Ärgernis: Nur Union Berlin (7) kassierte noch mehr Platzverweise als Frankfurt (5).

Krösche muss Antworten finden

Doch wie sind diese vielen groben Fehler zu erklären? Liegt es am fehlenden Selbstvertrauen? An der Klasse einzelner Spieler? An Trainer Dino Toppmöller, der der Mannschaft noch immer keine klare Handschrift verpasst hat? Führt das dazu, dass manche Profis auf dem Platz zu viel nachdenken? Fehlt insbesondere den jungen Spielern die Unterstützung von Führungsspielern? Wo sind sie überhaupt, die Anführer? Auf diese Fragen muss allen voran Sportvorstand Markus Krösche eine Antwort finden, wenn er die alte Saison analysiert und die neue plant.

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Gerade auf der Position der Außenverteidiger ist es vermutlich wenig hilfreich, dass so häufig gewechselt wird. In Gladbach wird vermutlich wieder Philipp Max anstelle von Nkounkou auflaufen. Max spielt eine durchwachsene Saison, ist aber ein grundsolider Bundesligaspieler. Da stellt sich schon die Frage: Wären seine Leistungen vielleicht konstanter, wenn Toppmöller ihm dauerhaft das Vertrauen schenken würde? Wie soll bei den Spielern Selbstvertrauen entstehen, wenn so oft gewechselt wird? Ist Nkounkou überhaupt ein geeigneter Linksverteidiger oder hat er seine Stärken nicht eher im Spiel nach vorne und benötigt eine Absicherung hinter sich?

Rechts in der Viererkette wechseln sich Tuta und Aurelio Buta ab, auch hier fehlt beiden die Konstanz. Ein neuer Rechtsverteidiger auf gehobenem Bundesliga-Niveau stünde der Mannschaft gut zu Gesicht. Im kommenden Transferfenster besteht - nicht nur auf dieser Position - ein dringender Handlungsbedarf.

Julian Franzke

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