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DFL | Lizenzierung: Die 250 Millionen-Euro-Lücke

Nach Ausstieg der VR-Bank Bad Salzungen

Lizenzierung: Die 250 Millionen-Euro-Lücke

Bis Freitag müssen die Unterlagen für das Lizenzierungsverfahren bei der DFL eingereicht werden.

Bis Freitag müssen die Unterlagen für das Lizenzierungsverfahren bei der DFL eingereicht werden. IMAGO/Eibner

Wenn die 36 Bundes- und Zweitligisten spätestens diesen Freitag ihre Unterlagen für das Lizenzierungsverfahren bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) einreichen, dann dürften mancherorts hartnäckige Verhandlungen mit lokalen Bankhäusern zu Ende gegangen sein. Das hängt auch mit einer kleinen Volksbank in Thüringen zusammen. Denn die VR-Bank Bad Salzungen-Schmalkalden gibt ihr Fußballgeschäft auf - mit Folgen für ihre aktuellen Kunden und davon gibt es nicht gerade wenige im Profifußball.

Rund 15 Vereine stehen nach kicker-Informationen aktuell in Geschäftsbeziehungen mit der Genossenschaftsbank. Teils zwar auch aus dem europäischen Ausland, das Gros aber stammt aus der Bundesrepublik. Dabei geht es um viel Geld, rund 250 Millionen Euro bewegte das Fußballgeschäft der Bank zuletzt. Die will diese Summe zwar nicht bestätigen, mehrere Insider dagegen tun das sehr wohl.

Die jüngste Geschichte des Instituts ist einigermaßen aufregend, das Aus des Fußballgeschäfts war da eher eine Randnotiz. Seit Dezember 2023 stehen die Thüringer unter der Verwaltung eines Sonderbeauftragten der Bundesfinanzaufsicht BaFin, Christian Gervais. Im November waren die beiden Vorstände der Bank, Jan Wettstein und Stefan Siebert, unter dem Druck der BaFin zurückgetreten, im Dezember folgte der komplette Aufsichtsrat, der zuvor gegen das Vorgehen der Bundesbehörde protestiert hatte. Hinter dem Clinch stecken angeblich hochspekulative Immobiliengeschäfte, die am Ende zu der Inanspruchnahme der Sicherungseinrichtung des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) führen könnten, also zum Gang unter einen sogenannten Rettungsschirm. Zuletzt hatte das Bankhaus Schlagzeilen geschrieben, weil in ihm zuzurechnenden Immobilien in Oberhausen Bordelle betrieben werden.

Die "Effenberg-Bank"

Das Aus der Fußballsparte sollen dem Vernehmen nach die bereits zurückgetretenen Vorstände beschlossen haben, weil es für die Immobiliengeschäfte der Bank zu viel Publicity brachte. Zwischenzeitlich war das Institut unter dem Namen "Effenberg-Bank" bekannt geworden, weil es den Champions-League-Sieger von 2001 in sein Fußballteam geholt hatte. Nach der Trennung liegt man in einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung mit der Bayern-Legende.

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Das Fußball-Aus hat auch Folgen für die Noch-Kunden der Bank. Um sie nachvollziehen zu können, muss man verstehen, wie es funktioniert hat. Die Bank gab Klubs Kontokorrentkredite, also Darlehen, die man immer wieder in Anspruch nehmen kann. Man kann das vergleichen mit der Dispokreditlinie bei einem normalen Girokonto. Besichert waren die Darlehen mit künftigen Einnahmen, beispielsweise aus Medienerlösen oder Transfers. Bei einem Transfer wird die Summe in der Regel nie auf einen Schlag bezahlt, sondern über mehrjährige Raten. Diese Zukunftsraten dienten als Sicherheit für die Kreditzusagen - die wiederum für die Lizenzierung durch die Verbände relevant sind.

Denn sowohl DFL für die Bundesliga und die 2. Liga als auch der DFB für die 3. Liga überprüfen jeweils im Frühsommer, ob ein Klub in der nächsten Saison durchfinanziert ist, also ob er den Spielbetrieb aus wirtschaftlicher Sicht aufrechterhalten kann. Dafür muss er ganzjährig liquide sein, um Gehälter oder die Miete für das Stadion bezahlen zu können. Im Zweifel eben über die Inanspruchnahme eines Kontokorrentkredits.

Mehr Lizenzen nur unter finanziellen Bedingungen?

Die Zusagen der VR-Bank Bad Salzungen galten nach kicker-Recherchen bis 30. Juni 2024. Heißt gesamtheitlich betrachtet: Für die kommende Saison fehlt dem deutschen Fußball durch den Rückzug der Thüringer erstmal eine Summe von bis zu 250 Millionen Euro. Es droht eine erhebliche Liquiditätslücke. Denn Ersatz scheint nicht so einfach zu finden. Zwar ist die Einräumung von Kreditlinien ein klassisches Hausbank-Geschäft. Klub X könnte also zur lokalen Volksbank oder Sparkasse gehen, zudem gibt es mit dem Internationalen Bankhaus Bodensee, der Oldenburgischen Landesbank oder Score-Capital andere Anbieter in Sachen Fußballfinanzierung.

Aber: Die Hausbanken wollen in der Regel wesentlich mehr Nachweise für die Sicherheiten zukünftiger Einnahmen als die Bad Salzunger. "Die waren da einfach laxer, ohne dass ich damit sagen möchte, dass sie unseriös agierten", sagt ein Klubmanager im vertraulichen Hintergrundgespräch. Man darf also gespannt sein, wie viele Klubs diesmal ihre Lizenz nur unter finanziellen Bedingungen erhalten. Vieles spricht dafür, dass es mehr als sonst sein werden.

Benni Hofmann