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Ein letztes Mal Ihr/Euer Rolf Kalb

Kommentator blickt auf über 30 Jahre Snooker zurück

Ein letztes Mal Ihr/Euer Rolf Kalb

Die Stimme des Snooker: Rolf Kalb.

Die Stimme des Snooker: Rolf Kalb. picture alliance / contrastphoto

Gesehen hat es fast jeder schon mal beim Durchklicken im TV, hängen bleiben aber die wenigsten. Zu kompliziert wirkt dieser Billardverschnitt mit den vielen roten und ein paar bunten Kugeln. Zu lahm. Zu trocken. Und vor allem: zu langweilig. Lieber umschalten.

Wer aber doch neugierig wurde, was es mit diesem Snooker auf sich hat, der befand sich hierzulande in wohlbehüteten Händen - und zwar in denen von Eurosport-Kommentator Rolf Kalb. Mit seiner sonoren Stimme wurde er über die Jahrzehnte nicht müde, den TV-Zuschauern immer und immer wieder die - übrigens gar nicht so komplizierten - Regeln zu erklären. Was bedeutet das eigentlich, jemanden "snookern"? Was ist der Frame-Ball? Oder ein Century bzw. Maximum Break? Kalb hat es unzählige Male erklärt.

Über 147 Stunden bei einer WM moderiert

Seine erste WM kommentierte der inzwischen 64-Jährige im Jahr 2000, einmal zählte er in den vielen weiteren Weltmeisterschaften seine On-Air-Zeit bei einem Turnier. Vor dem Finale waren es 147 Stunden - Kalb moderierte damals noch jede Session bei den Duellen in Sheffield.

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Dabei war er gar nicht für Snooker vorgesehen, als er 1989 bei Eurosport anheuerte. Seine erste Übertragung war ein Rugby-Match, auch im Kampfsport oder im Basketball wurde er eingesetzt. Als aber ein Kommentator für Snooker gesucht wurde, geriet er als Pressesprecher für den damaligen Deutschen Billard-Bund schnell in den Fokus.

Und so wurde Kalb zur deutschen Snooker-Stimme, die nie verhallte - bis jetzt. 1991 begegnete er beim World Master in Birmingham erstmals dem Ausnahmespieler Ronnie O’Sullivan, der nun 33 Jahre später zum Abschied sagte: „Top-Mann, der Rolf. Ich habe es geliebt, mit ihm zu arbeiten und mit ihm in den Zügen in Deutschland unterwegs zu sein. Du wirst hier kein Fremder werden."

Was Kalb über O’Sullivan dachte, darüber redete er im kicker-Interview im April 2022. "An einem Tag ist er der liebste Kumpel von der Welt und am nächsten hält man besser vier Meter Abstand", sagte der im Landkreis Heinsberg aufgewachsene Kalb. "Natürlich ist er jemand, der starken Stimmungsschwankungen unterliegt, aber das kann man ihm nicht zum Vorwurf machen."

Kalb war da weniger der schwankende Typ. Seine ruhige und geduldige Elder-Statesman-Art passte ja auch irgendwie perfekt zu diesem Präzisionssport, bei dem die Spieler einem Dresscode unterliegen und Zuschauer schon mal aus der Halle geschmissen werden, wenn deren Handy klingelt.

Wie Kalb zu seinen Abschiedsworten kam

Am Montag kommentierte Kalb in gewohnter Manier sein letztes WM-Finale, es gewann Kyren Wilson. Doch viele werden es nur angeschaut haben, um noch einmal die Worte zu hören, die das Markenzeichen der "Stimme des Snooker" (Der Spiegel) wurde.

Der Kommentator verabschiedete sich schließlich stets mit den Worten "Ihr/Euer Rolf Kalb". Wie er darauf kam? "Ich dachte nie, ich brauche eine "Catch Phrase". Ich habe ja schon früh interaktive Angebote gemacht", erklärte er. "Im Internet duzt man sich üblicherweise. Ich fand es blöd, die selben Leute dann am TV wieder zu siezen. Auf der anderen Seite kann ich aber ungefragt nicht alle ZuschauerInnen duzen. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen soll, und da ist spontan dieses Ihr/Euer herausgekommen."

Seine Zuschauer enttäuschte er natürlich auch am Montag nicht. "Das letzte Mal darf ich mich verabschieden mit den Worten, jetzt mit einer kleinen Erweiterung als Bergmannssohn: Danke, tschüss, alles Gute und Glückauf wünscht Ihr/Euer Rolf Kalb."

Rolf hat Snooker - das hört sich beinahe schon an wie eine ansteckende Krankheit.

Rolf Kalb

Vor zwei Jahren hatte er übrigens noch keine konkreten Abschiedspläne, sagte aber auch: "Meine Frau muss auf viel verzichten. Auf Familienfesten heißt es oft: 'Rolf kann nicht, Rolf hat Snooker.' Das hört sich beinahe schon an wie eine ansteckende Krankheit." Er wolle aufhören, "solange die Leute noch denken: 'Ach, das ist aber schade, dass der Rolf aufgehört hat'."

Seine Fans werden Rolf vermissen. Und Herrn Kalb natürlich auch.

Lesen Sie auch das große kicker-Interview mit Rolf Kalb vom April 2022: "O'Sullivan ist an einem Tag der liebste Kumpel - am anderen hält man lieber vier Meter Abstand"

Christoph Laskowski